Giftfreies Gärtnern

Das Who’s Who im quietschfidelen Garten

 
Sonnenblumenfeld. Foto © GRÜNE LIGA Berlin

Pestizide – auch ein Problem im Haus- und Kleingarten?

Die EU streitet über eine Verlängerung der Zulassung für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, das im Verdacht steht Krebs zu erregen. Von der Landwirtschaft wird zu Recht erwartet, dass sie unbelastete Lebensmittel produziert und die Umwelt nicht gefährdet. Doch wie sieht es in den privaten Gärten aus? Immerhin gibt es davon geschätzte 18 – 19 Millionen in Deutschland. Wenn sich die Schädlinge über das Gemüsebeet hermachen oder das Moos im Rasen sprießt, ist die Versuchung groß, im Baumarkt eine schnelle Lösung in Form einer grellgelben Flasche zu kaufen.

Um herauszufinden wie es um den Pestizideinsatz in deutschen Privatgärten steht, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine Studie in Auftrag gegeben, die Ende 2016 veröffentlicht wird. Sie ist Teil des Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz, der die Risiken reduzieren will, die von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln (PSM) für Mensch, Tier und Natur ausgehen. Dafür wurden bundesweit Haus- und Kleingärtner befragt und Interviews mit Experten geführt.

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Die letzte großangelegte Studie dieser Art fand 2001 statt und zeigte folgende Trends auf:

  • Die angewendete Menge Pflanzenschutzmitteln im Privatgarten (Heim- und Kleingarten) hat deutlich abgenommen, von 1,2 kg Wirkstoff/Hektar im Jahr 1991 auf 0,5 kg Wirkstoff/Hektar im Jahr 2000
  • Die Kleingärtner sind besser informiert als die Hausgärtner, konnten Pflanzenkrankheiten besser erkennen und setzten Pflanzenschutzmittel gezielter ein
    -> Vorteil der Kleingärtner ist ihr Organisationsgrad. Die Hälfte der Kleingärntner nutzt Vereinsfachberatungen und informiert sich durch Gartenbücher und –zeitschriften
    -> Die Hausgärtner sind weniger organisiert (mit Ausnahme des Siedlerbund e.V.)

Für viele Eigenheimbesitzer ist der Garten oftmals eine gewünschte Ergänzung zum Haus. Dieser wird jedoch schnell und günstig angelegt, ohne sich explizit mit der Struktur und Pflege auseinanderzusetzen. Treten dann Schäden auf, sind die ersten Ansprechpartner (unprofessionelle) Nachbarn, die Verkäufer von Pflanzenschutzmitteln oder Pflanzenschutzdienste.

Unterschiede in der Auseinandersetzung mit dem Thema Garten sind durch erhebliche Nutzungsunterschiede begründet:

  • Hausgärten haben vor allem eine Zierfunktion und überwiegend Rasenflächen
  • in Kleingärten werden auf 40 % der Fläche Obst und Gemüse für die Selbstversorgung angebaut

Der Unterschied im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist demgegenüber gering:

  • trotz Obst- und Gemüseanbau setzt die Mehrheit der Kleingärtner auf Pestizide: 88,6 %
  • 72,9 % der Hausgärtner setzen chemische Schädlingsbekämpfungsmittel ein

Ob Pestizide gekauft wurden, war vor allem Einstellungssache:

  • Von denjenigen, die glaubten nur chemische PSM helfen, kauften 95,5 % diese ein.
  • Von den Gärtnern, die von der Wirksamkeit biologischer Maßnahmen überzeugt waren und die chemische Mittel bedenklich fanden, kaufte die Hälfte chemische Pflanzenschutzmittel.
  • Biologische Pflanzenschutzmaßnahmen wurden besonders oft von Freizeitgärtnern angewendet, die eine große Gemüsefläche bewirtschaften oder mehr als vier Informationsquellen nutzten.

 

FAZIT: Es besteht Beratungsbedarf, denn vorbeugender Pflanzenschutz fängt bei der Pflanzenwahl und der Standortgestaltung an und reicht bis zur gezielten Nützlingsförderung. Das BMEL will mit den Erkenntnissen der neuerlichen Befragung auch den Handlungsbedarf bei der Beratung und Gesetzgebung feststellen. Aktuelle Berichte des Pflanzenschutz-Kontrollprogramms zeigen, dass die Anwendung von Unkrautvernichtungsmitteln auf versiegelten Flächen wie Einfahrten und Bürgersteigen zugenommen hat. Beim nächsten Regen können die Gifte dann schnell in Gewässer oder die Kanalisation gespült werden. Die neue Studie wird feststellen, ob sich der Trend zum umweltfreundlichen Gärtnern und zur Selbstversorgung mit gesunden Lebensmitteln fortsetzt oder ob im Privatgarten wieder öfters zu Pestiziden gegriffen wird.

Quellen:
Bundesweite Befragung zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Haus- und Kleingarten 2001 von der Humboldt-Universität zu Berlin für das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
https://www.nap-pflanzenschutz.de/indikatoren-forschung/erhebungen/haus-und-kleingaerten/
http://www.kleingarten-bund.de/de/der-bdg-informiert/news/Pflanzenschutz/